Klein, kompakt, bezahlbar – immer mehr Menschen leben mobil in sogenannten Tiny Houses. Das sind Häuser im Mini-Format, die als sparsame und umweltschonende Form des Wohnens auf engstem Raum mit allem ausgestattet sind, was auch ein gewöhnliches Haus zu bieten hat. Der leere Raum lässt sich beliebig neu kombinieren und flexibel den Wohnbedürfnissen anpassen. Ein ausklappbares Bett verwandelt den Raum beispielsweise in ein Schlafzimmer, modulare Tische sorgen für einen geselligen Koch- und Essbereich. Zumeist sitzen die Kleinsthäuser dabei auf einem Anhänger und können beim Bedarf ans eigene Auto gehängt werden. Wie das Miniaturhaus „aVOID“, mit dem der italienische Architekt Leonardo Di Chiara in Zusammenarbeit mit der Marke Volkswagen seit Frühjahr 2018 durch Europa reist. Sein ständiger Begleiter: ein VW Touareg als stärkste Zugmaschine der Volkswagen Modellreihe.
Mobile Wohnkonzepte wie vom Tiny House spielen für Volkswagen insbesondere im Hinblick auf zukünftige Möglichkeiten, die sich durch Elektromobilität und autonomes Fahren ergeben, eine interessante Rolle. Wenn ein Tiny House durch effektive Raumplanung mit minimalem Platz maximale Ausstattung ermöglicht – wie lassen sich dann die Fahrzeuge der Zukunft gestalten, die aus einer Plattform bestehen, auf die beliebige Räume gebaut werden können? Im Interview erklärt Leonardo Di Chiara das mobile Wohnkonzept von seinem Tiny House „aVOID“, berichtet von seiner Reise durch Europa und darüber, warum der nomadische Lebensstil in einem Tiny House auch ein mobiles Zukunftsmodell sein kann.
Interview mit Leonardo Di Chiara
Leonardo Di Chiara ist studierter Architekt und Bauingenieur. Vor einigen Jahren zog er von Italien nach Berlin und begann Tiny Houses zu entwerfen. Bei seinen Recherchen und Arbeiten fokussiert er sich auf mobile Wohn- und Architekturkonzepte. Er ist Mitglied der Tiny House University auf dem Gelände des Bauhaus Campus in Berlin.
Herr Di Chiara, Sie sind durch Italien, die Schweiz und Deutschland gereist. Warum gerade diese Länder? Und welche Städte haben Sie besucht?
Ich entschied mich für die Route Italien–Schweiz–Deutschland, weil ich diese Länder als sich gegenseitig belebende Regionen kennengelernt habe. Ich fuhr von meiner Heimatstadt Pesaro in Richtung München, parkte vor der Pinakothek der Moderne, machte mich auf nach Ulm zur Design-Universität und so weiter. Auf meiner Tour habe ich Berlin, München, Ulm, Mailand, Rom, Siena, Parma, Holzhausen, Zürich, Stuttgart und Pesaro gesehen. Und war überall ein Kurzzeitbürger!
Sie haben dabei mit der Marke Volkswagen zusammengearbeitet und sind mit einem VW Touareg durch Europa getourt. Was haben Sie dabei erlebt?
Meine Reise war wie eine große, europäische Fahranfängerstunde. Zuerst dachte ich, dass ich mit meiner geringen Fahrerfahrung das Haus niemals würde bewegen können. Doch durch den Touareg hatte ich die Möglichkeit, mich an das Fahren heranzutasten. Ob durch die zahlreichen Fahrassistenzsysteme oder durch die Allradlenkung, die dem Touareg mehr Wendigkeit und Stabilität beschert. Ich lernte mit jedem Meter, besser zu fahren. Später, in den schmalen italienischen Straßen, konnte ich das Haus mühelos durch den Stadtkern fahren. Hier habe ich mich frei gefühlt. Mein Traum, flexibel und selbstbestimmt an verschiedenen Orten zu leben, hat sich dadurch erfüllt.
Was hat es mit dem Tiny House auf sich?
Tiny Houses sind kleine Häuser auf Rädern. Diese habe ich angefangen zu bauen, als ich von Italien nach Berlin zog. Damit wollte ich zeigen, dass ein kleiner Raum keine Einschränkung in der Funktionsweise oder Lebensqualität bedeuten muss, sondern sich beliebig neu kombinieren und flexibel den Wohnbedürfnissen anpassen lässt. Mir ging es um das Vermeiden und Umgehen von gesellschaftlichen Erwartungen: Das Tiny House ist eine Absage an überteuerte Apartments, in denen man nicht wirklich lebt, weil man die ganze Zeit damit beschäftigt ist zu arbeiten, um die Miete aufzubringen.
Ihr Tiny House ist also mit allem ausgestattet, was ein gewöhnliches Haus auch zu bieten hat?
Ja, auf meinen neun Quadratmetern habe ich selbst ein eigenes, knapp ein Quadratmeter großes Bad. Ich habe eine Küche, in der bis zu sechs Gäste Platz finden. Ich habe ein Doppelbett. Es gibt einen Tisch und Stühle, die in der Wand versteckt sind. Es ist wie ein hausgewordenes Schweizer Taschenmesser. Es gibt vieles zu entdecken. In einem Schrank verbirgt sich eine Leiter, mit der ich auf das Dach komme und einen großartigen Blick über die Stadt habe. Das ist sehr wichtig: Abwechslung auf kleinstem Raum zu schaffen.
Warum ausgerechnet neun Quadratmeter? Wieso haben Sie sich auf diese Zahl beschränkt?
Neun Quadratmeter sind eine Untergrenze im Immobilienrecht. Erst ab dieser Zahl gilt ein Raum als anerkanntes Schlafzimmer. Ich wollte zeigen, dass man aus dieser gesetzlichen Mindestgröße viel mehr machen kann. Ich möchte Politiker dafür sensibilisieren und überzeugen, diese veraltete Regelung von 1975 zu ändern. Mittlerweile gibt es neue Technologien. Wir können in kleineren Räumen leben.
Haben Sie das Haus ganz allein gebaut? Oder hatten Sie Hilfe von Partnern?
Ich habe mit vielen verschiedenen Leuten zusammengearbeitet. Auf der Suche nach Spezialisten lief ich durch meine Heimatstadt und fragte 40 Firmen nach Produkten und Materialien. Ungefähr 80 Prozent meiner Hausbestandteile stammen von externen Partnern, vom Anhänger bis zu den Küchenutensilien. Mir ging es dabei aber nicht nur um Sponsoring, sondern auch um Wissenstransfer und Expertise. Ich brachte einen Kühlschrankhersteller mit einer anderen Firma in Kontakt, um den Kühlschrank für eine nomadische Lebensweise zu optimieren.
Denken Sie, diese Art in der Stadt zu leben, kann ein Zukunftsmodell sein?
Ich glaube, Tiny Houses können eine gute Möglichkeit für viele Menschen sein, aber nicht für die gesamte Gesellschaft. Dieses Wohnen erfordert einen Lebenswandel, der nicht für alle attraktiv ist. Wir erleben gerade einen großen gesellschaftlichen Umbruch, was die digitale Vernetzung und Mobilität betrifft. Diese Entwicklungen werden einen großen Einfluss auf das Leben in den Städten und auf dem Land haben.
Wurden viele solcher Angebote an Sie herangetragen?
Ja, es gibt tatsächlich viel Interesse an diesem Raum auf Rädern. Die Bandbreite reicht von NGOs, die mobile Behandlungszentren für Suchtkranke suchen bis zu Hotelketten, die neue nomadische Wohnkonzepte ausprobieren möchten.
Wie lautet die wichtigste Botschaft, die Sie mit Ihrem Projekt vermitteln möchten?
Wenn du einen großen Traum hast, kannst du ihn in einem kleinen Raum verwirklichen. Mein Traum war es, einen festen Wohnsitz zu haben und gleichzeitig die ganze Zeit zu reisen. Ich konnte beides mit einem kleinen Haus auf Rädern verwirklichen.

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