Interview mit Sarah Nonnenmacher
Zum Internationalen Tag gegen Rassismus: Sarah Nonnenmacher, Diversity-Managerin bei Volkswagen, erklärt, mit welchen Maßnahmen Konzern und Marke Vorurteile abbauen und gelebte Vielfalt zur Normalität machen wollen.
Frau Nonnenmacher, seit 1966 legen die Vereinten Nationen jährlich am 21. März das weltweite Augenmerk auf Aktivitäten gegen Rassismus. Was tut Volkswagen, um Vorurteile und Ausgrenzung aufgrund äußerlicher Merkmale zu bekämpfen?
Das Diversity-Management des Konzerns hat in den vergangenen Jahren viele Projekte vorangetrieben. Die Black Lives Matter-Bewegung hat uns aber auch aufgezeigt, dass wir wieder stärker über das Thema Rassismus sprechen müssen. Wir sehen es als unsere gesellschaftliche Verantwortung, uns als Weltkonzern für dieses Thema verstärkt einzusetzen. So organisieren wir zum Beispiel seit 2020 ein verpflichtendes Schulungsprogramm zu Ethik und Diversity in Werbung und Kommunikation. Die Schulungsinhalte decken unterschiedliche Diversity-Themen wie unbewusste Voreingenommenheit, psychologische Sicherheit, diskriminierungsfreie Marketing-Kommunikation sowie Compliance- und Integritätsthemen ab. Zusätzlich bieten wir regelmäßig eine Beratung zu Marketing- und Kommunikationsmaterialien an. Mit dem Code of Conduct und unserer Betriebsvereinbarung „Partnerschaftliches Verhalten am Arbeitsplatz“ verpflichten wir alle Mitarbeitenden, jede Art von Diskriminierung zu unterlassen und ein respektvolles, partnerschaftliches Miteinander zu ermöglichen.
Wie reagieren die Kolleginnen und Kollegen auf Ihre Angebote?
Die Nachfrage nach Beratung und Schulung ist enorm. Wir spüren eine große Bereitschaft, inhaltlich dazuzulernen und Wissen zu erweitern. Dennoch merke ich: Offen über Rassismus zu sprechen, stellt einige Personen vor persönliche Herausforderungen. Es ist ein schambehaftetes Thema, das mit einem schlechten Gewissen einhergeht und häufig eine Abwehrreaktion auslöst. Die meisten Menschen wollen nicht rassistisch sein, es ist gegen ihr Werteverständnis und trotzdem passiert es unbewusst. Der sogenannte Alltagsrassismus ist schwer zu erkennen. Damit Menschen ihn besser wahrnehmen, müssen sie Rassismus erst einmal in all seinen Facetten verstehen. Es ist ein langer Prozess, in dem auch ich immer wieder dazulerne.
Sie engagieren sich auch in Ihrer Freizeit im Bereich Anti-Rassismus. Wie sieht das konkret aus und wie können andere Menschen sich engagieren?
Ich gebe in meiner Freizeit Workshops und Seminare. Ich versuche durch Perspektivwechsel, die Auseinandersetzung mit Kolonialgeschichte und Gruppenübungen bewusst zu machen, dass Rassismus mehr ist, als Menschen aufgrund ihrer Herkunft abzulehnen. Ich möchte, dass die Teilnehmenden meinen Workshop nicht schuldbeladen verlassen. Vielmehr möchte ich sie darin bestärken, Verantwortung für das zu übernehmen, was in ihrem Umfeld passiert und Unsicherheiten abbauen. Wenn man sich gegen Rassismus engagieren möchte, ist einer der wichtigsten Schritte, bei sich selbst anzufangen. Bücher wie zum Beispiel „exit RACISM“ von Tupoka Ogette oder „Deutschland Schwarz Weiß“ von Noah Sow können dabei sehr hilfreich sein. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat es perfekt formuliert: „Es reicht nicht aus, kein Rassist zu sein. Wir müssen Antirassisten sein! Antirassismus muss gelernt, geübt, vor allen Dingen aber gelebt werden.“
Betriebsvereinbarung und Code of Conduct
Mit der Betriebsvereinbarung „Partnerschaftliches Verhalten am Arbeitsplatz“ legt der Volkswagen Konzern für alle Marken und Standorte die Grundsätze des Miteinanders im Unternehmen fest, definiert Verstöße und regelt Melde-, Beschwerde- und Beratungs-Möglichkeiten. Alle Beschäftigten sind verpflichtet, jede Art von Diskriminierung zu unterlassen und ein respektvolles, partnerschaftliches Miteinander zu ermöglichen. Die Betriebsvereinbarung verbietet beispielsweise Äußerungen, Verhaltensweisen und Symbole, die fremdenfeindlich, extremistisch, antisemitisch oder auf andere Weise menschenverachtend sind.
Mit dem „Code of Conduct“ existiert darüber hinaus eine Leitlinie, die Verhaltens- und Umgangsregeln im beruflichen Alltag formuliert. Ein Unternehmensgrundsatz lautet: „Wir bieten gleiche Chancen für alle. Wir diskriminieren niemanden und dulden keine Diskriminierung aufgrund von ethnischer oder nationaler Zugehörigkeit, Geschlecht, Religion, Weltanschauung, Alter, Behinderung, sexueller Orientierung, Hautfarbe, politischer Einstellung, sozialer Herkunft oder sonstiger gesetzlich geschützter Merkmale. Wir leben Vielfalt, setzen uns aktiv für Inklusion ein und schaffen ein Umfeld, das die Individualität jedes Einzelnen im Unternehmensinteresse fördert.“
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