Die Geschichte von Scania

2,5-TONNEN-LKW

Die strategische Neuordnung und Ausweitung ihrer Nutzfahrzeug-Sparte bahnte die Volkswagen Aktiengesellschaft im April 2000 an, als sie eine Aktienbeteiligung von 18,7 Prozent und einen Stimmrechtsanteil von 34 Prozent an Scania AB erwarb. Beide Unternehmen verband eine lang jährige Partnerschaft. Von 1948 an betreute Scania als Generalimporteur den Verkauf von Volkswagen in Schweden. Doch nicht nur das sprach für eine Verbindung mit der international renommierten Marke. Scania gehörte zur Spitzengruppe der europäischen Lkw-Hersteller und galt als profitabelste Marke der Branche. Innovationsstark und führend bei der Entwicklung verbrauchs- und schadstoffarmer Motoren, umfasste das Produktprogramm schwere Lkw ab 16 Tonnen, Linien- und Reisebusse sowie Schiffs- und Industriemotoren.

VABIS-WERK IN SÖDERTÄLJE
VABIS-WERK IN SÖDERTÄLJE

Auch seine Entstehung verdankte Scania dem Schulterschluss zweier Unternehmen. Beide zählten zu den Pionieren im schwedischen Lkw-Bau. Das ältere, die am 11. Dezember 1891 in Södertälje gegründete VagnfabriksAktiebolaget i Södertelge (Vabis), stellte zunächst Waggons für den expandierenden Eisenbahnverkehr her. 1897 stieg die „Wagenfabrik“ in den Fahrzeug- und Motorenbau ein und präsentierte 1903 auf der Automobilausstellung in Stockholm den ersten Lastwagen. Die rückläufige Nachfrage und sinkende Preise im Waggongeschäft einerseits, die Investitionen für den Bau einer neuen Fabrik andererseits führten das Unternehmen über mehrere Jahre in die Verlustzone. Wirtschaftlich erfolgreicher agierte das andere Vorgängerunternehmen, die in Malmö bestehende Tochtergesellschaft der Maskinfabriksaktiebolaget Scania, die 1902/03 mit dem Scania Typ A eine erste Serie von fünf Fahrzeugen auf den Markt brachte. Statt kostspieliger Neukonstruktionen griff Scania bei der Fahrzeugproduktion auf Komponenten anderer Hersteller u.a. aus Deutschland zurück und machte ein gutes Geschäft. Während Scania 1910 die Möglichkeiten für eine Produktionsausweitung sondierte, beschloss die Muttergesellschaft der „Wagenfabrik“ in Södertälje die Trennung von der kapitalintensiven Automobilsparte. 


Am 18. März 1911 schlossen sich beide unter dem Dach der neu gegründeten Aktiengesellschaft AB Scania-Vabis zusammen, deren Hauptsitz 1913 von Malmö nach Södertälje südwestlich von Stockholm verlegt wurde. Die Aufrüstungskonjunktur und die Drosselung der Importe verschaffte Scania-Vabis zusätzliche Aufträge u.a. für Heeresfahrzeuge und Flugzeugmotoren, sodass der Gewinn zwischen 1911 und 1918 von 50 000 auf 1,7 Millionen Kronen explodierte. Diese expansive Entwicklung riss nach dem Ende des Ersten Weltkriegs abrupt ab. Die tiefe Rezession, der große Streik 1919 und der sich drastisch verschärfende Wettbewerb auf dem heimischen Markt, der von billigeren Fahrzeugen aus den Ausland förmlich überschwemmt wurde, stürzten Scania-Vabis in eine existenzielle Krise. Der Traum von einem internationalen Großunternehmen zerplatzte: Eine dänische Tochtergesellschaft wurde 1921 verkauft, eine Fabrik in Norwegen stillgelegt und die in den Kriegsjahren erworbenen Hüttenwerke gingen in Konkurs.

BUS
BUS
2,5-TONNEN-LKW
2,5-TONNEN-LKW
MOTORENMONTAGE IN SÖDERTÄLJE
MOTORENMONTAGE IN SÖDERTÄLJE

Schon damals waren die Erfolge im Lkw-Bau eng mit den Innovationen in der Motorenentwicklung verbunden, die zugleich ein neues Geschäftsfeld eröffnete. Mit dem ersten Sechszylinder-Ottomotor wurde 1923 die Fertigung von Schiffs- und Einbaumotoren als neuer Produktzweig etabliert. Einige Jahre später führte Scania-Vabis eine Motorenfamilie ein, die mit unterschiedlichen Kraftstoffen betrieben werden konnte und die Grundlage für die spätere Modulbauweise lieferte. Den größten Entwicklungssprung im Motorenbau machte Scania-Vabis mit dem so genannten Hesselmann-Motor. Ab 1932 in Lizenz gefertigt, wurde er zum Ausgangspunkt für die Konstruktion eines eigenen Dieselmotors. Der kompakte Sechszylinder-VorkammerDieselmotor mit 7,7 Litern Hubraum und 120 PS, der mit Benzin, Rohöl oder Dieselkraftstoff lief, kam ab 1936 in den Omnibussen und Lastwagen zum Einsatz, wurde aber auch an andere schwedische und internationale Hersteller verkauft.


Die meisten Fahrzeuge von Scania-Vabis waren immer noch Einzelstücke. Erst mit steigender Produktion setzte Mitte der 1930er-Jahre ein umfassender Rationalisierungsprozess ein, der durch die Einführung neuer Werkzeuge und Arbeitsmethoden gekennzeichnet war. Im Motorenbau ging das Unternehmen 1939/40 zur Herstellung von Einheitsmotoren mit weitgehend identischen Komponenten über. Zeitgleich baute es seine Fertigungskapazitäten durch die Errichtung zweier Fabriken aus. Der Zweite Weltkrieg verschob den Schwerpunkt auf die Produktion von Militärfahrzeugen, die 1943 die gesamten Kapazitäten beanspruchte und die Belegschaft bis 1945 auf rund 1 000 Beschäftigte anwachsen ließ. 


In den Nachkriegsjahren legte Scania-Vabis das Fundament für den späteren Unternehmenserfolg. Dem Wunsch der Händler entsprechend, wurde das Produktsortiment um einen Pkw erweitert, wobei das Interesse schon länger dem Volkswagen galt. Im Juli 1948 schloss Scania-Vabis einen Importeursvertrag mit der Volkswagenwerk GmbH und lieferte im Folgejahr über sein Vertriebsnetz 317 Limousinen an schwedische Kunden aus. Die Lkw- und Busproduktion hatte sich seit 1945 auf 1 672 Fahrzeuge verdreifacht, der Gewinn war auf 1,3 Millionen Kronen hochgeschnellt. Allerdings verlor Scania-Vabis durch die Rüstungsproduktion vor allem in der Dieseltechnologie den Anschluss an den technischen Fortschritt. Den erforderlichen Knowhow-Transfer stellte das Unternehmen 1947 durch einen Kooperationsvertrag mit Leyland Motors Ltd. her.


Den Übergang zur Direkteinspritzung vollzog Scania 1949 mit dem „400 000-Kilometer-Motor“, der den Verbrauch und den Wartungsbedarf verringerte und die Zugkraft und Betriebssicherheit erhöhte. 1951 folgte die 205 PS starke Turboversion für Schienenbusse und Schiffe. Außerdem stärkte Scania-Vabis in den 1950er-Jahren die Wettbewerbsfähigkeit seiner Produkte durch ein modernes Synchrongetriebe, serienmäßig eingebaute Servolenkung und Druckluftbremsen sowie durch eine neue Hinterachse.

MOTORENMONTAGE IM WERK ZWOLLE
MOTORENMONTAGE IM WERK ZWOLLE

Neben den technischen gaben die 1949 eingeführten betrieblichen Innovationen dem Unternehmen Schwung: Die „Konferenzmethode“ bezog alle Konstrukteure in die Entscheidungen über Produktentwicklungen ein, die Komponentenphilosophie trieb die Standardisierung der Produkte voran, und Gruppenarbeit in der Montage steigerte die Produktivität. Auf dieser Grundlage wuchs ScaniaVabis zu einem exportorientierten Unternehmen heran. Allein in den 1950er-Jahren kamen 17 neue Exportmärkte hinzu. Das Auslandsgeschäft wurde zum Wachstumsmotor. Bis 1959 stieg die Produktion auf 4 881 Fahrzeuge an, mehr als die Hälfte davon wurde exportiert. Den größten Gewinn auf dem heimischen Markt aber brachte in dieser Phase der Verkauf der Wolfsburger Limousine. Der Volkswagen Vertrieb wirkte als Katalysator für den Ausbau des Händlernetzes und lieferte einen Großteil der finanziellen Ressourcen für die kräftige Unternehmensexpansion in den 1960er-Jahren. Die 1957 gegründete Tochtergesellschaft in Brasilien schloss 1962 den Auf bau des ersten ausländischen Produktionsstandorts ab. 1964 nahm das Montagewerk im niederländischen Zwolle die Fertigung auf. Die Fabrik in Meppel sowie die Inlandswerke in Oskarshamn und Katrineholm kamen 1966/67 durch Firmenübernahmen hinzu. Darüber hinaus schuf Scania-Vabis mit dem Werksausbau in Södertälje und der Errichtung neuer Fabriken in Schweden die Voraussetzung für weiteres Wachstum.

V8-TURBODIESEL-MOTOR
V8-TURBODIESEL-MOTOR
KABINENFERTIGUNG IN OSKARSHAMN
KABINENFERTIGUNG IN OSKARSHAMN
R-BAUREIHE
R BAUREIHE
WERK IN SÖDERTÄLJE
WERK IN SÖDERTÄLJE

Nicht nur im Hinblick auf ihre Innovationsstärke erweist sich die neue Konzernmarke als gute Investition. 2008 erreichte der Lkw- und Busabsatz von Scania mit rund 73 800 Fahrzeugen annähernd das Rekordniveau des Vorjahres. Krisenbedingt kam es 2009 zu einem Nachfrageeinbruch. Die Auslieferungen sanken auf 43 443 Fahrzeuge, sodass Produktion und Kosten durch Arbeitszeitreduzierung, Mitarbeiterschulungen und Investitionsverschiebungen angepasst werden mussten. Die internationalen Märkte entwickeln sich seither stark schwankend: 2011 wuchsen die Auslieferungen um 84,4 Prozent auf 80 108 Fahrzeuge, um 2012 wieder um 16 Prozent auf 67 000 zurückzugehen. 2014 liegen die Auslieferungen mit 82 208 leicht unter dem Vorjahresniveau. Das Unternehmen beschäftigt 35 925 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.


Scania ist anerkanntermaßen ertragsstark und erwirtschaftete 2014 einen Umsatz von 10,3 Milliarden Euro und ein Operatives Ergebnis von 955 Millionen Euro. Der wirtschaftliche Erfolg fußt auf innovativen Produkten wie der 2010 präsentierten V8-Lkw-Baureihe, die mit bis zu 730 PS und einem maximalen Drehmoment von 3 500 Nm in Sachen Kraft Weltspitze ist. Die 2011 präsentierte Euro6-Motorengeneration kombiniert technische Lösungen zur Senkung der Emissionswerte mit bester Kraftstoffeffizienz. Mit der Integration von Scania hat der Volkswagen Konzern seinen Schwerpunkt im Geschäft mit schweren Nutzfahrzeugen neu gesetzt. Dem Kronjuwel der schwedischen Industrie steht eine glänzende Zukunft bevor.

Die angegebenen Verbrauchs- und Emissionswerte wurden nach den gesetzlich vorgeschriebenen Messverfahren ermittelt. Am 1. Januar 2022 hat der WLTP-Prüfzyklus den NEFZ-Prüfzyklus vollständig ersetzt, sodass für nach diesem Datum neu typgenehmigte Fahrzeuge keine NEFZ-Werte vorliegen. Die Angaben beziehen sich nicht auf ein einzelnes Fahrzeug und sind nicht Bestandteil des Angebots, sondern dienen allein Vergleichszwecken zwischen den verschiedenen Fahrzeugtypen. Zusatzausstattungen und Zubehör (Anbauteile, Reifenformat usw.) können relevante Fahrzeugparameter, wie z. B. Gewicht, Rollwiderstand und Aerodynamik verändern und neben Witterungs- und Verkehrsbedingungen sowie dem individuellen Fahrverhalten den Kraftstoffverbrauch, den Stromverbrauch, die CO2-Emissionen und die Fahrleistungswerte eines Fahrzeugs beeinflussen. Wegen der realistischeren Prüfbedingungen sind die nach dem WLTP gemessenen Kraftstoffverbrauchs- und CO2-Emissionswerte in vielen Fällen höher als die nach dem NEFZ gemessenen. Dadurch können sich seit dem 1. September 2018 bei der Fahrzeugbesteuerung entsprechende Änderungen ergeben. Weitere Informationen zu den Unterschieden zwischen WLTP und NEFZ finden Sie unter www.volkswagen.de/wltp. Weitere Informationen zum offiziellen Kraftstoffverbrauch und den offiziellen spezifischen CO2-Emissionen neuer Personenkraftwagen können dem „Leitfaden über den Kraftstoffverbrauch, die CO2-Emissionen und den Stromverbrauch neuer Personenkraftwagen“ entnommen werden, der an allen Verkaufsstellen und bei der DAT Deutsche Automobil Treuhand GmbH, Hellmuth-Hirth-Str. 1, D-73760 Ostfildern oder unter www.dat.de/co2 erhältlich ist.